Alter Wein in neuen Schläuchen? Das WpIG als Regulierungsrahmen für Wertpapierinstitute

von Rodica Blei und Claus Huth

Die Bundesregierung hat am 16.12.2020 den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/2034 über die Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten (WpIG) beschlossen. Das Gesetz ist zwischenzeitlich vom Bundestag verabschiedet worden und am 26.06.2021 in Kraft getreten. 

Erneut werden mit diesem Gesetz europäische Vorgaben zur Regulierung von Finanzinstituten in nationales Recht umgesetzt. Das WpIG gilt dabei für sogenannte Wertpapierinstitute, also Unternehmen, die sich mit Wertpapierdienstleistungen und -nebendienstleistungen befassen. Diese Institute unterliegen nun einem eigenen Regulierungsrahmen. Im Rahmen des WpIG wurden indes Regeln nicht neu geschaffen, sondern bereits bestehende und wohlbekannte Regeln weiterentwickelt und teilweise erweitert. Also alles wie vorher? Mitnichten! 

Für Unternehmen, die zukünftig dem Gesetz unterfallen, ist ein sorgfältiger Abgleich der bestehenden Regelungen und der im WpIG weiterentwickelten Vorschriften notwendig, um Abweichungen festzustellen, Handlungsbedarf zu identifizieren und Maßnahmen zur Umsetzung festzulegen und zu ergreifen. Diese Herausforderung stellt sich insbesondere für Institute, die vor Gültigkeit des WpIG bereits eine Lizenz nach § 32 KWG gehalten haben. Doch auch für Institute, die sich neu im Wertpapierbereich etablieren und dafür zukünftig eine Lizenz beantragen, ist das WpIG natürlich zukünftig das „Maß aller Dinge“. 

Die Regelungen sind so angelegt, dass es proportional zur Größe der Wertpapierinstitute zu einer zunehmend intensiven Beaufsichtigung durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kommt. Im Wesentlichen enthält das WpIG dabei folgende Anforderungen, entsprechend und proportional der Größe und Bedeutung der Institute: 

  • Anforderungen an das Anfangskapital,
  • Anforderungen an die Geschäftsorganisation und bestimmte Anzeigepflichten,
  • Aufsichtsbefugnisse der zuständigen Aufsichtsbehörden, insbesondere im Hinblick auf die Solvenz der Wertpapierinstitute sowie die Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen,
  • Maßstäbe zur Beurteilung der Angemessenheit der internen Kapitalanforderungen,
  • Anforderung an den Vorstand und die Aufsichtsgremien der Wertpapierinstitute im Hinblick auf die interne Unternehmensführung und
  • Regelungen zur Vergütungspolitik gegenüber bestimmten Kategorien von Mitarbeitern der Wertpapierinstitute.

Keine Änderungen ergeben sich für große systemrelevante Wertpapierinstitute (Bilanzsumme von mindesten 30 Milliarden Euro. Diese werden wie bisher nach den Vorgaben der Capital Requirements Regulation (CRR) als CRR-Kreditinstitute eingestuft und weiter nach den bisherigen Vorschriften reguliert und faktisch wie Banken behandelt. Die Aufsicht erfolgt durch die europäische Zentralbank (EZB).  

Große Wertpapierinstitute, die nicht als CRR-Kreditinstitut eingestuft werden (Bilanzsumme größer 15 Milliarden Euro oder entsprechende Einstufung durch die BaFin bei einer Bilanzsumme von mindestens 5 Millionen Euro) werden nach Vorschriften des KWG und des WpIG reguliert und durch BaFin und die Deutsche Bundesbank beaufsichtigt. Die Institute selbst können beantragen, dass sie nach der CRR behandelt werden. Hierzu ist interne Abwägung der Vor- und Nachteile sowie Eigeninitiative erforderlich. 

Kleinere und mittlere Wertpapierfirmen haben den größten Abgleich- und Anpassungsbedarf, denn sie unterliegen zukünftig vollständig dem WpIG und der IFR, kleinere Institute mit bestimmten Erleichterungen. Dabei gilt, wenn zum 26.06.2021 eine Erlaubnis nach § 32 KWG erteilt war, die neue Erlaubnis nach § 15 WpIG automatisch als erteilt. Diese Institute müssen sich indes im Rahmen eines Abgleichs intensiver insbesondere mit den geänderten Eigenkapitalanforderungen und Änderungen bei der Rechnungslegung sowie in einzelnen Prozessen auseinandersetzen. 

Für die organisatorischen Vorgaben bei der Durchführung der Wertpapierdienst- und nebendienstleistungen ändert sich durch das WpIG hingegen nichts: Hier gelten weiter das WpHG sowie die einschlägigen europäischen Verordnungen, insbesondere das MiFID-Regelungsregime.

Man kann nach Sichtung des WpIG festhalten, dass viele Regelungen aus dem bisherigen Aufsichtsrecht bekannt und erprobt sind. Dennoch ist das WpIG insbesondere für die kleineren und mittleren Wertpapierfirmen nicht alter Wein in neuen Schläuchen, da die Weiterentwicklung der bisherigen Regelungen eine Beschäftigung mit dem Regulierungsrahmen des WpIG unbedingt erforderlich macht.

Gerne stehen wir Ihnen bei Einzelfragen, einer Abweichungsanalyse oder der Definition von Maßnahmen zur Umsetzung und Durchführung derselben zur Seite. Kontaktieren Sie jederzeit gerne Rodica Blei und Claus Huth über info@compliance-net.com. Wir freuen uns, mit Ihnen ins Gespräch zu kommen.