Rezension „Mit Compliance Wirtschaftskriminalität vermeiden“

Rezension: „Mit Compliance Wirtschaftskriminalität vermeiden – Risikoprävention, Früherkennung, Fallbeispiele" von Michael Harz, Raimund Weyand, Julius F. Reiter, Olaf Methner, Daniel Noa (Schäffer-Poeschel Verlag, 2012)

Das in 2012 in seiner ersten Auflage erschienene Werk hat zum Ziel „… aufzuzeigen, wie durch ein wirksames Compliance-Management gerade auch in mittelständischen Unternehmen eine risiko- und wertorientierte sowie regelkonforme Unternehmensführung unterstützt und darüber hinaus durch Prävention und Früherkennung Risiken vermieden werden können“. Es richtet sich an den Praktiker im Unternehmen.

Das vorliegende Werk analysiert zunächst den Begriff der „Compliance“ und zeigt die damit häufig verbundene Fehlinterpretation und die häufig vorzufindende Reduzierung auf einzelne Aspekte in den Unternehmen auf. Es werden einzelne Aspekte benannt, um die die Definition zu erweitern wäre. Einzelne Methoden und Techniken zum Aufbau eines Corporate Governance Modells werden ebenso dargestellt.

Das zweite Kapitel widmet sich der aktuellen Situation wirtschaftskriminellen Handelns, dessen Motiven und den Folgen auf nationaler Ebene. Auch aktuelle und durch die Presse bekannte Fälle werden als Beispiele angeführt.

Im dritten Kapitel „Compliance-Management“ wird ausführlich (ca. 17 Seiten) die Ethik im Unternehmen analysiert und mit Beispielen beleuchtet. Nach Auffassung des Rezensenten ein erkenntnisreicher Teil des Buches, der zeigt, dass „Compliance“ nicht bei der Einhaltung von Gesetzen enden sollte.

Der Abschnitt „Werte, Ziele und Regeln“ befasst sich mit den Funktionen der Corporate Compliance, und stellt die Funktionen der Compliance (Marketing, Prävention, Beratung etc.) zunächst in den Vordergrund, um diese dann an einem Beispiel (BGH-Urteil) zu konkretisieren. Der Aspekt der „Werte“ als Bestandteil der compliance-orientierten Unternehmensführung, wie die Überschrift es erwarten lassen könnte, wird nicht näher betrachtet.

Der Abschnitt „Organisatorische Maßnahmen“ leitet mit einem Abschnitt ein, der die gesetzlichen Regeln mit Einfluss auf die Compliance-Funktion als organisatorische Maßnahme darlegt und die organisatorische Umsetzung beschreibt. Hinweisgebersysteme und ein Blick auf die europäischen Compliance-Regelungen folgen. Hierbei ist aber festzustellen, dass die europäischen Regelungen nur knapp und exemplarisch beschrieben werden.

Der „Transparenz durch Kommunikation“ ist ein weiterer Abschnitt gewidmet.

Das vierte Kapitel „Die häufigsten Straftaten in Unternehmen“ leitet ein mit einer Übersicht der nach der Auffassung der Autoren relevantesten Delikte in Verbindung mit den jeweiligen Regelungen des Strafrechts. Es folgt eine Erläuterung der wesentlichen Vorschriften des Strafgesetzbuchs, die in diesem Zusammenhang gesehen werden. Diese Erläuterungen sind stark juristisch geprägt und werden durch einzelne Fallbeispiele verdeutlicht. Den Insolvenzdelikten sowie der Insolvenzverschleppung ist ein großer Teil der Ausführungen gewidmet, die in den Zusammenhang mit den relevanten Vorschriften des Strafgesetzbuchs gestellt werden. Korruption und Steuerhinterziehung werden ebenfalls erläutert.

Das fünfte Kapitel widmet sich der Früherkennung mit Fallbeispielen aus der Praxis. Die Autoren gehen in diesem Abschnitt sehr intensiv auf Insolvenzverschleppung und Bankrottstraftaten ein. Die weiteren Bereiche beinhalten Diebstahl, Unterschlagung, Betrug, Untreue, Bilanz- und Buchführungsmanipulation. Dem Bereich der Computerkriminalität und Datenschutz wird ebenfalls viel Raum gewidmet. Hier geht es weniger um die technischen Spezialitäten als vielmehr um die strafrechtlichen Aspekte von Delikten in diesen Bereichen. Vielfach folgen auf die Analysen Fallbeispiele, die der Verdeutlichung dienen.

Das sechste Kapitel zu präventiven Maßnahmen zur Vorbeugung wirtschaftskriminellen Handelns zeigt eine beispielshafte Organisation einer Compliance-Funktion auf. Es folgt unter dem Stichwort der methodischen Vorgehensweisen ein Abschnitt zur Insolvenzverschleppung, in dem Sanierungskonzepte und deren Erstellung sowie ein zugehöriges Fallbeispiel dargelegt werden. Der Abschnitt zur Bilanz- und Buchhaltungsmanipulation erläutert die Methoden der Aufdeckung solcher Vergehen.

Die Methoden zur Aufdeckung von Vermögensverschiebungen und -unterschlagungen erläutern verschiedene Analyse- und Prüfungstechniken, wie sie in der Revision oder Abschlussprüfung zum Einsatz kommen.

In einem Anhang folgen wichtige gesetzliche Bestimmungen und ein umfangreiches Literaturverzeichnis.

Das vorliegende Buch ist stark durch den juristischen Hintergrund der Autoren geprägt und beleuchtet eine Reihe von Aspekten im Hinblick auf die gesetzlichen Vorschriften. Es ist dadurch allerdings nicht immer leicht zu lesen.

Den Verstößen gegen das Insolvenzrecht wird in dem Buch ein besonderer Schwerpunkt gewidmet. Es handelt sich dabei nach Einschätzung des Rezensenten um eine (normalerweise einmalige) Sondersituation, für die die Einrichtung eines Compliance Managements tendenziell schwierig sein dürfte.

Verstöße gegen das Kartellrecht, die in der täglichen Berichterstattung präsent sind, werden nicht behandelt. Ebenso bleibt die Abdeckung der möglichen Verstöße gegen Ausfuhrbestimmungen, Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz hinter den durch die Buchbeschreibung geweckten Erwartungen zurück.

In den von dem Buch behandelten Themenkomplexen werden die Risiken aufgezeigt und verdeutlicht, was durch Compliance Management erreicht werden soll. Wie eine Organisation dies erreichen kann und welche konkreten Maßnahmen zu ergreifen sind, beantwortet das Buch nicht. Die Fallbeispiele beschreiben in gut verständlicher Form Einzelfälle von Verstößen gegen die genannten Vorschriften. Sie zeigen nicht auf, wie die aufgezeigten Problemfälle durch ein wirksames Compliance Management hätten vermieden werden können.

Das Zusammenspiel von Risikomanagement, Revision, Controlling und internem Kontrollsystem im Rahmen des Compliance Managements wird nicht näher betrachtet.

Besonders geeignet erscheint das Buch für den Leser, der im Bereich des Compliance Managements seine Kenntnisse um die juristische, insbesondere die strafrechtliche Seite ergänzen möchte.